Donnerstag, 1. April 2010

Unterm Regenbogen (1)

Seit fast 10 Jahren treffe ich mich immer Samstagsmorgens mit meiner Freundin, um bei einem ruhigen Ritt die Woche ausklingen zu lassen. Dabei werden wir gelegentlich von ein bis zwei anderen Freundinnen begleitet - wir nennen das unseren "Frauenverwöhnritt"!
Dabei haben wir schon allerlei Abenteuer erlebt, aber nicht, was Reiter jetzt denken.
Also keine pferdischen Kapriolen und Kunststückchen, auch kein Reiterlatein findet den Weg zur Veröffentlichung, sondern es sind vor allem die kleinen Alltagserlebnisse, die unsere Ritte unvergesslich machen.
So kreuzen regelmäßig kleine und große Wildtiere unseren Weg, morgens Hasen und Füchse, in der Abenddämmerung, die wir bei Ausweichterminen nutzen, Rehe und Hirsche.
Schön ist, dass die Tiere uns immer sehr nahe heranlassen, weil sie unsere Pferde nicht fürchten und unsere Stimmen wohl auch nicht. Denn besonders leise sind wir nicht bei unseren Ausritten.
Ein besonderes Erlebnis und für Überraschungen gut, ist immer wieder das Wetter.
Wir sind schon bei jedem Wetter geritten, sei es Regen, Hagel oder Schnee - solange meine Freundin den 35 km langen Weg zu uns findet oder schafft - gelegentlich streikt das Auto oder wie im letzten Winter, der Räumdienst - reiten wir, frei nach dem Motto: es gibt kein schlechtes Wetter nur falsche Kleidung!
Außerdem ist hier bei uns in Lüxheim das Wetter ohnehin immer besser als in der übrigen Region. Der Mann meiner Freundin hat es schon aufgegeben, sie vor jedem Ritt bei unsicherer Witterung zu warnen.
In den letzten Wochen ließ uns der Frühling nach diesem außergewöhnlich langen Winter ein wenig Sonne und laue Luft naschen, aber am letzten Wochenende zog winterliche Kälte erneut übers Land.
Allerdings trauten wir uns am Sonntagnachmittag bei strahlendem Sonnenschein ohne die üblichen Mützen und Schals und langen Unterhosen aufs Pferd und auf einen längeren Ritt.
Unsere Ritte führen uns für gewöhnlich vom Dorf weg und damit ist meistens schnell ein natürlicher Abstand erreicht, der es unmöglich macht, bei plötzlichem Wetterumschwung noch einigermaßen trocken nach Hause zu gelangen.
Wir ritten also fröhlich plaudernd und der Welt damit entrückt unseren Weg am Waldrand entlang und stellten nach einiger Zeit fest, dass die Helligkeit sich zur Dämmerung wandelte. Dafür war es um 15:00 Uhr am Nachmittag aber eindeutig zu früh.
Inzwischen waren wir schon gut 3 km weit vom Dorf weg. Naja, so ein kleiner Schauer macht uns nichts aus, dachten wir uns und trotzten denn auch den ersten fallenden Regentropfen. Und tatsächlich hörte der Regen nach kurzer Zeit wieder auf, aber gerade so lange, bis unsere Jacken und Hosen wieder getrocknet waren. Wir wiegten uns also in Sicherheit, sah doch der Himmel in unserer Wetterecke südwestlich gar nicht so dramatisch aus, dass es einen verfrühten Rückweg wert gewesen wäre.
Die ersten Tropfen des nun folgenden Gusses waren eindeutig kälter und fühlten sich nahezu wie Hagelkörner an und in der Tat bleiben sie teilweise auf dem Fell unserer Pferde liegen.
Die fanden das, trotz ihrer genetischen Disposition - schließlich stammen ihre Vorfahren von der Insel im Nordmeer- überhaupt nicht komisch und strebten eilig in Richtung Heimat, die nun aber dummerweise schon ziemlich weit entfernt war.
Einen direkten Weg gab es nicht, waren wir doch in unserem reiterlichen Übermut einen Bogen geritten und so mussten wir diesen auch beenden, um wieder in Richtung des heimatlichen Stalls einschwenken zu können.
Nachdem wir uns damit abgefunden hatten, dass wir nun auf jeden Fall ausgiebig durchnässt werden würden, kehrte auch unserer gute Laune zurück, oder soll man es Galgenhumor nennen, wenn man trotz in den Nacken rinnenden Wassers, roter Ohren, klammer Hose an Oberschenkeln, nassen Sätteln und Zügeln noch Witze machen kann und vor allem die irrsinnigen Farben, die uns der Himmel präsentierte, genießen konnte.
Wir vertrieben uns die Zeit damit, uns auf die immer grandioseren Farbspiele über uns aufmerksam zu machen: die tiefgrauen Wolkenungetüme,an deren unterem Rand Regenschwaden herabhingen, die grellen Sonnenstrahlen, die unter selbigen hindurchblitzten und nicht zuletzt die Regenbögen, die sich zunächst nur am Horizont, dann aber über den ganzen Himmel und damit über uns spannten!
Und damit bewahrheitete sich die alter Reiterweisheit:
wenn Engel reiten (reisen), lacht der Himmel, auch wenn der Regenbogen (nur) die Verheißung dieses Lachens, der Sonne ist.
Auf jeden Fall fühlten wir uns eins mit der Natur und das ist schließlich der Sinn eines jeden Rittes, den wir unternehmen.

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