Samstag, 4. Juni 2016

Unser Tobi


vor gut einem Jahr war bei uns im Dorf im Welpenwaisenhaus Sommerfest.
Einige Monate vorher war unser heißgeliebter Hundekamerad Kasim über die Regenbogenbrücke gegangen.
Kasim
Unsere Terrierhündin Tammi und wir konnten und wollten uns trotz aller Traurigkeit nicht an den Ein-Hund-Haushalt gewöhnen.
Hunde sind Rudeltiere und deshalb sollte Tammi wieder einen Kumpel bekommen.
Was lag da näher, als im Tierheim einem Waisenhund ein Zuhause zu geben.
Kurz und gut, wir wanderten also mit Tammi, sie sollte ja mitbestimmen, an besagtem Samstag zum Welpenhaus, wo schon eine fröhliche und herumwuselnde Hundemeute auf Besucher und damit auf Adoptiv-Herrchen-/Frauchen wartete.
Es ist fast unmöglich, bei sovielen großen, und wie wir Menschen meinen traurigen, Hundeaugen eine Auswahl zu treffen.
Während wir noch unschlüssig am Gatter standen und ab und zu einen bereits im Besucherbereich herumlaufenden Hund streichelten, machte sich Tammi davon, um auf eigene Faust (Pfote) Bekanntschaften zu schließen.

Wir fanden sie schließlich voller Faszination am Gatter zum Schweinestall.
Ich glaube, wenn wir ihr die Führung überlassen hätten, hätten wir mit einem ausgewachsenen Hausschwein davonziehen können.
Also gut, wir konnten an diesem Tag sowieso nur eine Vorauswahl treffen, weshalb wir uns in einer Interessentenliste eintrugen.
Am nächsten Morgen klingelte sehr früh das Telefon und die Besitzerin des Tierheimes überredete uns, noch am gleichen Nachmittag vorbei zu kommen, um einen Hund auszuwählen.
Wieder nahmen wir Tammi mit, sie sollte ja ein Mitspracherecht haben.
Der kleine schwarze Hund, der es meinem Mann angetan hatte, war vor unseren Augen bereits vermittelt, was, nebenbei gesagt, nicht so schlimm war, ich fand ihn nicht so possierlich wie mein Göttergatte.
Ich lenkte Heiners Aufmerksamkeit auf einen kleinen gescheckten Hund, der mir schon tags zuvor aufgefallen war, weil er mitten in dem ganzen Gewusel, selig in der Sonne schlief. Nenbenbei bemerkt, war das nur eine Momentaufnahme!
Der Kleine wurde also herausgelassen, damit wir ihn kennenlernen konnten.
Das war zunächst gar nicht so einfach, weil er sich nicht greifen lassen wollte. Als wir es dann doch geschafft hatten, ließ er sich sofort voller Vertrauen in Heiners Armen nieder, kuschelte sich an und brach sofort das Herz seines zukünftigen Herrchens.

Nach dem Ausfüllen einiger Formulare konnten wir ihn nach Anzahlung einer vereinbarten Geldsumme direkt mitnehmen.
Der kleine Kerl stammte übrigens aus Spanien, wo man ihn neben einer Mülltonne gefunden hatte, in einem Pappkarton mit anderen Welpen zusammen.
Wir bekamen auch noch ein Halsband geliehen, das wir aber nicht gebraucht hätten, weil der Kleine, da hieß er noch Elfo, gar nicht an der Leine gehen wollte bzw. konnte.
Also trug Heiner ihn den kurzen Weg nach Hause.

In den folgenden Tagen erhielt er irgendwann den Namen Tobi, weil er für sein Leben gerne tobte, vor allem mit Nachbarshündin Jana, die ein bisschen älter, aber auch aus dem Tierheim stammte und vielleicht eine ähnlich unschöne Kindheit wie Tobi gehabt hatte. Das können wir ja nur spekulieren.
Er lebte sich im Haus ein, schloss mit dem roten Kater Luke schnell so eine Art Raufgemeinschaft, der gescheckte Skioni hielt ihn sofort und dauerhaft mit einem gezielten Pfotenhieb auf Abstand.
Das an der Leine gehen gestaltete sich in den folgenden Tagen/Wochen sehr schwierig. Wir mussten ihn immer ein ganzes Stück tragen und konnten dann nach Hause zurück gehen.
Nach und nach wurde das besser. Schließlich ließen wir ihn auch ohne Leine laufen, was dazu führte, dass er seine eigenen Wege ging und oft erst lange nach uns wieder zuhause ankam.
Also beschlossen wir, er muss zur Hundeschule.
Dort war es genauso. Die Welpen durften spielen, mussten dann wieder angeleint werden, um die Basics zu lernen. Alle folgten, ließen sich von Herrchen oder Frauchen mit Leckerchen locken und festmachen, aber Tobi tobte weiter um die Gruppe herum, lenkte alle ab und war weit davon entfernt, außer „Sitz“ irgendetwas Vernünftiges zu lernen.
Zum Glück kam der Winter und die Hundeschule macht Pause.

Zuhause kam mittlerweile die lange Schleppleine zum Einsatz, einerseits um Tobi neben der Haustüre festzumachen, andererseits um ihm das Laufen im Feld zu ermöglichen. Wenn er nämlich nicht merkte, dass man ihn anleinen wollte, lief er in der Nähe herum und man konnte mit einem gezielten Sprung oder einem Treten auf die Leine den Racker wieder dingfest machen.
Zum Glück werden auch Junghunde erwachsen!
Als erstes stand, nicht gerade zur Freude von Herrchen und Hund, die notwendige Kastration an.
Da wir nicht züchten wollen und auch nicht dauernd unseren Hund im Blick haben können, wie wir ehrlicherweise zugeben müssen, war das die einzige Möglichkeit, einigermaßen entspannt und ohne das Zahlen horrender Alimente befürchten zu müssen, unsere Hunde halten zu können. Außerdem ist Tammi nicht kastriert und wir wollten ihr auch nicht dauernd die obligate Verhütungsspritze zumuten.
Mit Hilfe unseres Tierarztes war das Thema schnell erledigt und Tobi wusste schon ein paar Stunden nach der kleinen OP nichts mehr davon.
Danach konnten wir das Thema „Freilauf“ etwas entspannter sehen und können inzwischen akzeptieren, dass wir einen kleinen Freigänger haben.
Nachbarn unter sich!
Anfangs war es so, dass Tobi, sobald man die Türe öffnete, wie ein geölter Blitz um die Ecke schoss und für die nächsten 20 bis 30 Minuten unsichtbar blieb.
Später hörten wir von dem ein oder anderen Nachbarn, wo er überall gewesen sein musste.
Sein Radius war dabei erschreckend groß, wurde aber mit zunehmender Lässigkeit unsererseits erstaunlicherweise immer kleiner. Es schien so, als wollte er zuerst seine Freiheit genießen, war sich aber offensichtlich unserer Anwesenheit immer bewusst.
Jetzt, nach einem Jahr können wir sagen, dass er sich quasi selbst so erzogen hat ,wie wir es von Anfang an wollten, und das ohne große Klimmzüge und Nervenstrapazen für uns.
Mit Freundin Lilli in Höscheid
Heute z.B. lief er vor mir her zur Straße, wollte schon um die Ecke zu seiner Freundin Jana im Nachbarhaus. Als ich rief, dass ich zu den Ponys wolle, dreht er sofort bei, kam mit mir mit und wartete beim Weideeingang geduldig, bis ich geputzt und gefüttert hatte.
Dann kam er mit zurück nach Hause.
sein Lieblingsplatz
Ich bin richtig stolz auf unseren Kleinen, der uns offensichtlich als die wichtigsten Mitglieder seines Rudels und darüber Hinaus als Rudelführer akzeptiert, ohne dass wir das mit allzu viel Vehemenz hätten durchsetzen müssen.

Gut, er bellt immer noch alles draußen an, was in seiner Nähe zu sehen ist, besonders Katzen reizen ihn zu Jaulkonzerten. Er hat da so eine unnachahmliche Art, die fast wie Keckern eines kleinen Schimpansen klingt. Das macht ihn unverwechselbar und irgendwie auch sehr charmant.
Wir lieben ihn sehr und freuen uns auf hoffentlich viele schöne Jahre mit ihm und unserer Tammi!
Freunde
An zerrupfte Hundekörbe, zerbissene Schuhe, versteckte Socken und andere Kleidungsstücke sowie abgezogene Tapeten kann man sich gewöhnen. Die vollständige Anwesenheit solcher Kleinigkeiten wird gemeinhin überbewertet.