Samstag, 7. Juni 2014

Stimmlos

Die Leute, die mich kennen, wissen, dass ich gerne rede, manchmal auch zu gerne, was dann schnell auch mit viel oder zuviel einhergeht…
Nun erlebe ich, dass mir das Leben immer mal wieder vor Augen führt, was wäre, wenn die ein oder andere Eigenschaft verloren ginge oder sich veränderte.
So habe ich mir in der Vergangenheit schon mal den Arm gebrochen, ausgerechnet dann, als es darum ging, zuzupacken, mein Leben neu zu ordnen.
Über die Entdeckung der Langsamkeit lernte ich dann, mich dem Tempo meines Mannes anzupassen und auch ihm Raum fürs Einrichten unseres gemeinsamen Lebens zu geben.
Ein paar Jahre später, als wir gerade damit beschäftigt waren, uns auf unserem Hof neu zu finden, ein Hof mit vielen Wegen, um die notwendigen Dinge zu erledigen, war es das Bein, das plötzlich gebrochen, mich nur noch langsam vorwärts kommen ließ und ich jede Art von Hilfe annehmen musste, was mir im Allgemeinen schwerfällt. Dafür bekam ich Zeit geschenkt, in der ich die anderen machen lassen musste, was ich sonst selber zu tun pflegte und mich dabei dann schnell überforderte und meiner Familie keinen Raum für Beteiligung gab.
Nun habe ich mir wieder so einen Stolperstein in den Weg legen lassen: nach einer Bagatellerkältung, zu früh wieder in die Schule gegangen und vergessen, meine Stimme zu schonen, ist sie auf einmal weg! Einfach nicht mehr da –von jetzt auf gleich! Ich bin Lehrerin!
Ich kann nur noch flüstern, man versteht mich nur, wenn ich dies deutlich tue und auch sonst darauf warte, dass es leise ist und man bereit ist, mir zuzuhören.
Eine harte Lektion!
Da ich nicht nur bereit bin, aus allem eine Lehre, einen Nutzen zu ziehen, brauche ich auch hier nicht lange um festzustellen, dass es wieder mal an der Zeit ist, einen Gang runter zufahren
Ich rede nur noch, wenn es wirklich notwendig ist – momentan geht sowieso nur flüstern und auch da hat mir der Arzt geraten, dies auf ein Minimum zu reduzieren. Außerdem überlege ich mir (schon wegen der Anstrengung) gut, ob ich überhaupt etwas zu sagen habe und wie ich es dann sage!
In der Schule hatte ich mir ohnehin schon angewöhnt, vieles den Schülern einfach schriftlich zu vermitteln – auch sie wissen inzwischen, dass sie, wenn die Kreide auf der Tafel kratzt, doch einmal einen Moment hinschauen müssen, was die Lehrerin da notiert.
Insgesamt wurde es dadurch ruhiger – oh Wunder!
Also so eine kleine Auszeit für einen Teil des Körpers hat schon seinen Charme – besser als ein Totalausfall ist er allemal!

Heute machte Laura noch eine nette Bemerkung. Breit grinsend empfing sie mich mit den Worten: „Kommt da meine leise Oma?“ Wäre jetzt noch interessant zu wissen, ob ich sonst die laute Oma bin oder ob sie einen Unterschied zu den anderen Omas feststellte?