Den folgenden Text schrieb ich zum Jahreswechsel 2017/18, also vor fast 4 Jahren. Irgendwie habe ich vergessen, ihn zu veröffentlichen, was ich beim nochmal Überlesen schade fand. Deshalb hole ich das jetzt nach: also begonnen im
Dezember 2017!
So,
unser
Weihnachtsbesuch ist gut wieder zuhause angekommen – die
Rückmeldung dazu per Whats APP ist mir immer wichtig – und so
langsam kehrt die Alltagsnormalität, oder sollte ich sagen Routine,
wieder ein.
Noch
etwa 10 Tage Weihnachtsferien, die letzten in meinem Arbeitsleben,
denn Ende Januar, genau genommen, am 31.1.2018 ist mein letzter
Arbeitstag, bevor ich in den, wie man so sagt, wohlverdienten
Ruhestand gehen darf!
Natürlich
weiß ich seid vielen Jahren, wann der Tag „X“ sein wird,
trotzdem macht mir sein unaufhaltsames Näherrücken auch ein
gewisses Maß an Bauchschmerzen.
Je
näher der Tag rückt, umso mehr kreisen meine Gedanken um die Zeit
danach.
Ich
habe das Gefühl, dass dann nichts mehr so sein wird wie bisher,
obwohl ich ja nur einen Tag älter werde und mich morgens beim Blick
in den Spiegel hoffentlich noch das gleiche Gesicht anschauen wird.
Wenn
ich so zurückschaue auf fast 40 Jahre Arbeitsleben, das ich
vorwiegend als Lehrerin verbrachte, fällt es mir schwer, mich in
einer anderen Rolle zu sehen.
Zu
sehr habe ich das Lehrerdasein verinnerlicht, mit meiner Person
verwoben,bin immerzu, auch in meiner Freizeit, in dieser Rolle
verhaftet gewesen.
So
stelle ich mir aktuell die Frage, die ich vor kurzem anlässlich der
Leitung einer Wortgottesfeier erörterte:
„Wer
bin ich“ und befinde mich dabei in bester Gesellschaft mit dem
Evangelisten Johannes in seinem Evangelium zum 3. Adventssonntag mit
dem schönen Namen „Gaudete“.
Bei
Johannes ging es um die Identität seines Namensvetters, der im
Jordan taufte und als Wegbereiter Jesu gilt.
Ich
folge nicht solch hohen Zielen, bei mir geht es aber genauso um die
Frage, wer ich bin, um meinen kommenden Lebensabschnitt sinnvoll und
meiner Identität entsprechend zu gestalten.
Wer
also bin ich?
Ich
bin die Tochter meiner Eltern, auch wenn das schon lange her ist und
mein Vater zur Erörterung dieser Frage nicht mehr zur Verfügung
steht.
Ich
bin die Mutter meiner Kinder und die Schwiegermutter von
Schwiegertochter und Schwiegersohn, mit denen ich im ständigen
Gedankenaustausch auf natürlich unterschiedlichen Ebenen bin und so,
hoffentlich zu deren und ganz sicher zu meiner Weiterentwicklung
beitragen werde.
Ich
bin die Oma meiner Enkelkinder, inzwischen drei, deren Entwicklung
ich durch meine Begegnungen mit ihnen hoffentlich auch
mitbeeinflussen kann.
Ich
bin die Ehefrau und Geliebte meines Mannes, und in unserer Beziehung
werde ich hoffentlich auch weiterhin Impulse zur beiderseitigen
Entwicklung setzen können.
Ich
bin Freundin und Nachbarin, versuche zuzuhören, Tipps und Ratschläge
zu geben, wenn diese gehört und gewünscht werden.
Noch
bin ich Kollegin an unserer Schule, wo ich immer weniger gefragt
werde, da mein Urteil und meine Erfahrungen offensichtlich nicht mehr
benötigt werden.
Das
klingt sicher auch ein wenig bitter, aber ich denke, es ist u.a. die
Rücksichtnahme meiner Kolleginnen und Kollegen, die mir einfach
schon mal meine Ruhe gönnen, so wie meine Kollegin Edith, mit der
ich seit eineinhalb Jahren eine Klasse leite, ausdrückt: „nicht
mehr deine Baustelle“!
Bewusst
habe ich mich vor geraumer Zeit dafür entschieden, nicht weiter
arbeiten zu gehen, obwohl sogar unten auf meinem Rentenbescheid der
Hinweis auf die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung prangte.
Ich
hatte das Gefühl, erst mal einen Schnitt“ zu brauchen, der mich
das Rentendasein in allen Konsequenzen spüren lassen würde.
Inzwischen
mache ich meinen „Job“, erkläre den Schülern zum gefühlten
20ten Mal die Geheimnisse der Bruch- und Prozentschreibweise, bereite
die letzte Klassenarbeit vor, die dann grottenschlecht ausfällt. Ich
schreibe Gutachten und die letzten Beiblätter für einige
Förderzeugnisse, meine Aufgabe als Sonderpädagogin.
Noch
einige Elterngespräche, Klassenteambesprechungen, bis zum letzten
Tag volles Programm.
Aber
innerlich distanziere ich mich so langsam von all den Problemen und
Baustellen. Erlaube mir auch die ein oder andere kleine
Unpünktlichkeit, heißt, ich bin nicht mehr so überpünktlich und
verabschiede mich einzeln von meinen Förderschülern.
Der
Abschied von der Klasse und den Kollegen wird dann am Tag der
Zeugnisausgabe sein. Das hatte ich mir so gewünscht.
Anfang
Februar 2018
So,
inzwischen
ist die Verabschiedung erstaunlich entspannt verlaufen:
die
Schüler sangen mir ein tolles Lied und schenkten ein selbst
gestaltetes Kunstwerk, was leider, irgendwie typisch, nochmal
generalüberholt werden muss, damit es dann hier zu Hause eine
unserer Wände zieren kann.
Eine
kleine wunderbare Rede von Evi, meiner Rektorin, die ich sehr
vermissen werde, eine Rede der Vertreterin des Lehrerrates und nicht
zuletzt, meine letzten Worte, in denen ich meine Laufbahn an unserer
Schule, auch die nicht so tollen Erfahrungen und meine Wünsche für
„meine“ Schule formulierte.
Sie
sind mir alle sehr ans Herz gewachsen, das gebe ich zu, aber trotzdem
gab es zum Abschied keine Tränen, worüber ich selber ganz erstaunt
war.
Mitte
Februar 2018
So,
die
ersten Tage fühlten sich wie Urlaub an, gut, ich war noch zwei- oder
dreimal in der Schule, als Gast, und habe das auch sehr genossen.
Und
nun hat er mich, der Pensionärsalltag!
Zunächst
mal, wie im Urlaub, in den Tag hinein leben. Niemand drängt, weil
ein Termin ansteht. Der PC darf auch schon mal einen Tag unbenutzt
bleiben, keine Unterrichtsvorbereitung mehr, nie mehr!
Die
Hunderunde darf auch schon mal etwas länger ausfallen weil's gerade
so schön ist, noch ein Schlenker dran gehängt.
Spontan
eine Runde mit der Nachbarin reiten, welch Freiheitsgefühl!
Aber
auch lange schlafen? Geht nicht, mein innerer Wecker schmeißt mich
um kurz nach 7 Uhr raus, also gehe ich mit den Hunde, versorge die
Ponys, alles wie früher, nur ca. 90 Minuten später.
Danach
mit Kaffee nochmal ins Bett, noch etwas lesen oder Nachrichten im
Smartphone checken. Ja, auch die sozialen Netzwerke bedienen, wobei
ich mich häufig nur auf's Mitlesen beschränke.
Und
jetzt merke ich auch, ich bin eigentlich ein Frühaufsteher. Die
Vormittagszeit ist mir zu kostbar, um sie im Bett zu verbringen.
Auch
da ticken mein Mann und ich unterschiedlich, was ja nichts Neues ist.
Also
sollten wir hier Wege des Zusammenlebens entwickeln, wo jeder seinem
inneren Rhythmus folgen darf, ohne den anderen zu verpflichten.
Getrennte
Zimmer geht nicht, wollen wir auch nicht, schließlich sind wir
verheiratet und wollen unsere Ehe auch leben.
Und
ich merke sehr bald, dass ich auch meinen Freiraum brauche.
Das
fiel vorher nicht so auf, da ich ja berufsbedingt täglich mehrere
Stunden nicht im Haus war.
Doch,
wenn man jeden Tag die gleichen Programmpunkte „abarbeitet“, also
die Punkte, die durch unsere Hobbys bestimmt werden, kann sich durch
die immer gleiche Routine auch eine gewisse Langeweile einschleichen.
Ich
weiß, dass sich das bei mir in zunehmend schlechter Laune und
Ungeduld meiner Umgebung gegenüber äußern kann.
Das
will ich nicht! Da bin ich auch sicher keine Ausnahme.
Wie
machen das andere Leute im Ruhestand? Die meisten, die ich kenne,
stürzen sich in Aktivitäten mit Familie, Enkelkinder oder
ehrenamtliche Tätigkeiten.
Ich
weiß von mir, dass ich jetzt zunächst mal keine festen Termine
einplanen möchte.
Vielleicht
ändert sich das ja wieder, doch ich denke, dass ich auch das Gefühl
von Langeweile spüren muss, um Sinnvolles mit meinem Leben anfangen
zu können.
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